Lichtverschmutzung ist die Aufhellung der Nacht durch Kunstlicht.
Folgende Phänomene können unter dem Begriff zusammengefasst werden:
- direkte Blendung durch starke Lichtquellen
- künstliche Aufhellung der direkten Umgebung und des Nachthimmels
- nachbarschaftliche Störung im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG)
Lichtverschmutzung ist als Umweltverschmutzung gleichzusetzen mit Luft-, Gewässer-, Bodenverschmutzung und Lärm.
Licht zählt nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zu den Immissionsarten, von denen eine umweltschädliche Wirkung ausgeht, wenn diese gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG „nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen“.
Zu viel Licht in der Nacht…
…bringt die Natur aus dem Takt.
Für alle Lebewesen auf der Erde ist der durch die Rotation des Planeten ausgelöste natürliche Wechsel zwischen hellem Tag mit einer max. Beleuchtungsstärke von 128 000 Lux und dunkler Nacht mit 0,0001 bis maximal 0,3 Lux bei Vollmond ein grundlegender Rhythmus. Abweichungen von diesem natürlichen Taktgeber durch den Einsatz von Kunstlicht führen zum Verschwinden lebenswichtiger Ausprägungen in den Ökosystemen und der Lebensraum der Nacht wird gefährdet.
Lichtverschmutzung stellt ein großes Problem für viele Insektenarten, Vogelarten, Säugetiere, Fledermäuse und Amphibien dar. Beleuchtung in den Naturraum in der Nacht führt zu Veränderungen der Lebens- & Verhaltensweisen der Tiere: u.a. verminderte Nahrungsaufnahme und Fortpflanzung, Sog- & Vermeidungswirkungen, Erschöpfung bis zum Tod oder Verbrennen (weil Insekten von dem Licht magisch angezogen werden und orientierungslos werden). Insekten kommen um und fehlen anderen Tieren als Nahrung. Zudem brauchen wir - auch nachts! - Insekten zum Bestäuben der Pflanzen. Zum künstlichen Licht zählen auch moderne Deko-Produkte wie Solarleuchten. Diese erreichen in Bodennähe sehr hohe Beleuchtungsstärken. Das beeinträchtigt insbesondere Bodenbewohner stark und zwingt z.B. den Igel zu kräftezehrenden Umwegen. Tagaktive Tiere wie Singvögel und Eichhörnchen bekommen durch das Licht nachts keine Ruhe. Der Tag-/ Nachtrhythmus wird erheblich gestört. Zugvögel verlieren die Orientierung und verunglücken an grellen Hindernissen. Kunstlicht löst bei vielen Tierarten Stress aus und stört deren Melatoninproduktion.
Im Gegensatz zum Menschen, der sich gegen Lichtsmog schützen kann, sind die meisten wildlebenden Tiere dem Kunstlicht wehrlos ausgeliefert, da die benötigten Dunkelräume und -korridore ebenso verschwinden wie der Sternenhimmel als Orientierungshilfe. Vor allem in Gärten wirkt sich Kunstlicht negativ auf die Artenvielfalt aus, da Hecken, Sträucher, Bäume und Blumenstauden natürliche Rückzugsorte für zahlreiche Tiere sind.
In dicht besiedelten Regionen und über Gewerbegebieten tritt eine Aufhellung des Nachthimmels durch künstliche Lichtquellen auf, wobei Hauptursache für die Lichtverschmutzung der nach oben abgestrahlte oder reflektierte Teil des Lichts ist, der an den Schichten der Atmosphäre oder Wasserteilchen reflektiert und gestreut wird. Dadurch entstehen die sogenannten Lichtglocken über den Städten. Diese führen zu Lichtverschmutzung in umgebenden Bereichen, die selbst nicht beleuchtet sind und eigentlich dunkel sein sollten.
Zahlreiche Naturschutzmaßnahmen wie z.B. Ausgleichsmaßnahmen sind in ihrer ökologischen Funktionalität durch den Einfluss und die Auswirkungen von Kunstlicht in der Nacht womöglich unwirksam.
Igel:
- Mehrheit der untersuchten Igel halten sich in weniger beleuchteten bzw. dunklen Gebieten als in beleuchteten auf (Licht führt zu erhöhter Feindvermeidung)
- steht erstmals auf der Vorwarnliste der Roten Liste der hessischen Säugetiere von 2023
- Reproduktionsrate und Populationsdichte abnehmend
Feldhamster:
- steht kurz vor dem Aussterben
- eine von vielen Ursachen dafür: Lichtverschmutzung: beeinflusst die Physiologie und das Verhalten der Art durch endokrine und neurobiologische Prozesse, die sich unter anderem auf die Fortpflanzung auswirken
- Lichtbelastete Gebiete sind die Gebiete mit dem stärksten Rückgang (zeitlicher Zusammenhang zwischen Periode des Rückgangs und zunehmenden Lichtintensitäten)
Nachtfalter:
-Rückgang der Nachtfalterpopulationen: Lichtverschmutzung ist eine der Hauptursachen für den dramatischen Rückgang nachtaktiver Insekten wie Nachtfaltern, die eine wichtige Rolle in Nahrungsnetzen und bei der Bestäubung von Pflanzen spielen.
- Störung der Orientierung und des Verhaltens: Künstliches Licht, vor allem in städtischen Gebieten, beeinträchtigt das natürliche Verhalten von Nachtfaltern. Sie verlieren nicht nur ihre Orientierung unter Straßenlampen, sondern auch außerhalb des Lichts.
- Verpuppungsstörung bei Gitterspannerlarven: Schon geringe Kunstlichtexposition kann bei Gitterspannerlarven den natürlichen Verpuppungsprozess stören. Dies hindert sie daran, rechtzeitig in die Winterruhe zu gehen, was ihr Überleben gefährdet. Reflektiertes Licht – etwa von Straßenlaternen oder Wolken – kann diesen Prozess bereits beeinträchtigen, da die Tage künstlich verlängert werden.
- Veränderungen im Flugverhalten: Nachtfalter, die durch Kunstlicht beeinflusst werden, fliegen auch tagsüber oder werden durch Lichtquellen angelockt, was ihre Überlebenschancen verringert. Normalerweise sind sie nachtaktiv, doch das künstliche Licht stört ihren natürlichen Rhythmus.
- Langsame Anpassung an Lichtverhältnisse: Auch in ländlichen Gebieten können sich Nachtfalter nicht ausreichend an die zunehmende Lichtverschmutzung anpassen. Dies führt zu einem signifikanten Rückgang ihrer Populationen, da die Tiere nicht in der Lage sind, sich an die veränderten Umweltbedingungen, wie zum Beispiel die Kälte im Winter, anzupassen.
- Folgen für das Ökosystem: Das Verschwinden von Nachtfaltern hat weitreichende Auswirkungen auf das Ökosystem, da sie wichtige Bestäuber sind und in Nahrungsketten eine Schlüsselrolle spielen.
- Lichtverschmutzung als wachsendes Problem: Die zunehmende künstliche Beleuchtung verändert nicht nur das Verhalten von Nachtfaltern, sondern auch das von vielen anderen Insektenarten. Die Lichtverschmutzung stellt eine der größten menschengemachten Veränderungen in der Natur dar und gefährdet das Gleichgewicht vieler Ökosysteme.
Regenwurm:
- Regenwürmer haben keine Augen, können aber durch Lichtsinneszellen in ihrer Haut spüren, ob es hell oder dunkel ist.
- UV-Licht ist schädlich für sie, da es ihre Haut austrocknet.
- Bei Licht empfinden sie Stress: Sie winden sich, produzieren Schleim und suchen schnell das Dunkle.
- Eine dauerhafte Beleuchtung, wie Straßenlampen oder Solarlampen, stört ihr Verhalten, besonders während der Paarungszeit im Mai.
- Bei zu viel Licht paaren sich Regenwürmer seltener, was ihre Fortpflanzung beeinträchtigt.
Glühwürmchen:
- Dunkelheit ist wichtig, damit es bei den Glühwürmchen zur Paarung kommt. Je mehr Kunstlicht in der Umgebung, desto geringer ist die Chance, dass das Männchen das Leuchten des Weibchens überhaupt wahrnimmt.
Mistkäfer:
- völlige Desorientierung durch Kunstlicht, benötigt den Sternenhimmel zur Orientierung
Bienen:
-Störung des zirkadianen Rhythmus: Künstliches Licht beeinträchtigt den Schlaf von Bienen und stört ihren natürlichen Rhythmus.
- Reduzierter Schlaf: Bienen, die ständig Licht ausgesetzt sind, schlafen weniger, was ihre Gesundheit und Leistungsfähigkeit als Bestäuber verringert.
- Schwierigkeiten bei der Kommunikation: Schlafmangel führt zu Problemen in der Kommunikation zwischen Bienen, was ihre Fähigkeit, Nahrungsquellen zu finden, beeinträchtigt.
- Auswirkungen auf die Bestäubung: Künstliches Licht verändert das Bestäubungsverhalten von Insekten, sowohl nachts als auch tagsüber.
- Langfristige Ökosystemfolgen: Die Störung des Bestäubungsverhaltens kann den Ertrag landwirtschaftlicher Kulturen und die Fortpflanzung von Wildpflanzen negativ beeinflussen.
- Gefährdung der Bestäuber: Durch Lichtverschmutzung wird die Fitness von Bienen als Bestäuber verringert, was globale Auswirkungen auf die Pflanzenbestäubung und Ernährungssicherheit hat.
Amsel:
- in Städten früher paarungsbereit als ihre Artgenossen auf dem Land. Abweichungen von 0,2 lx von den natürlichen Beleuchtungsstärken reichen für Veränderungen. Jungvögel kommen zur Welt, obwohl so früh im Jahr noch nicht genug Nahrung (Insekten) vorhanden ist
- beginnt in Städten mit Kunstlicht früher zu singen und zu mausern
Haussperling:
- kann die Infektion mit dem West-Nil-Virus weniger gut verkraften, wenn er nächtlicher Beleuchtung ausgesetzt ist, behält die Krankheit länger, kann sogar leichter daran sterben, bleibt länger krank, was die Gefahr eines Ausbruchs des West-Nil-Virus in ihrem Gebiet erhöhen kann
- viele Vögel können nachts wegen dem Kunstlicht nicht schlafen, darunter u.a. Tauben, Elstern
Zugvögel:
- Mehrheit der Zugvögel ist nachts unterwegs. Jedes Jahr ziehen Milliarden von Vögeln, konzentriert in der ersten Nachthälfte und in den untersten 1000 m über Boden, aus Europa nach Afrika und im Frühling wieder zurück. Licht hat Attraktionswirkung bei schlechten Sichtverhältnissen. Licht führt zu Schreckreaktion beim Einfliegen in einen starken Lichtkegel.
- Zwischen September und November 2009 beobachteten Forscher Vögel, die nachts durch das Licht eines großen Gebäudes in Bonn flogen. Dabei wurde ihr Verhalten aufgezeichnet, um festzustellen, wie sie auf das Licht reagierten. Viele Vögel zeigten ungewöhnliches Verhalten, nachdem sie das Licht durchflogen hatten. Einige flogen im Kreis oder drehten um, andere änderten ihre Richtung oder flogen langsamer und ungerichtet. Einige Vögel flogen nach dem Verlassen des Lichtkegels weiterhin in die falsche Richtung, was auf eine starke Desorientierung hinweist. Diese Ergebnisse zeigen, dass nach oben abstrahlendes Licht die Orientierung der Vögel erheblich stört und diese Verwirrung auch über den Bereich des Lichts hinaus anhält. Manche Vögel fielen erschöpft zu Boden und flogen später erneut in die falsche Richtung.
- Zugvögel machen da Rast, wo es hell ist. Das Verhängnisvolle dabei: die Kollisionsgefahr mit Gebäuden ist sehr hoch, Katzen als Fressfeinde, geringes Nahrungsangebot oder große Nahrungskonkurrenz und wenig Lebensraum
- Millionen Zugvögel kollidieren in den USA jährlich mit beleuchteten Glasgebäuden
- Um die negativen Auswirkungen von Lichtverschmutzung auf Zugvögel zu reduzieren, empfehlen Experten, Skybeamer und starke Gebäudebeleuchtung während der Zugzeit abzuschalten. Städte und Gemeinden sollten auch ihre Beleuchtung so gestalten, dass sie den natürlichen Lebensraum der Vögel weniger stört und diese sicherer ihren Weg finden können.
Kröten & Frösche:
- reagieren besonders empfindlich auf Kunstlicht, weil ihre Sinne an die Dunkelheit angepasst sind
- fast ausnahmslos nachtaktiv, jagen Insekten in der Finsternis und dem Schein von Mond & Sternen
- an erhellten Stellen, z.B. unter einer Straßenlaterne, sind sie einer sehr viel höheren Lichtmenge ausgesetzt. Bis das Froschauge sich derart gravierenden Helligkeitssprüngen angepasst hat, können Minuten oder gar Stunden vergehen! (besonders beim Wechsel vom Hellen ins Dunkle)
- Amphibien beschränken Jagdrevier häufig auf beleuchtete Stellen, wodurch sich das Beutespektrum verändert
- verringerte Fortpflanzung wegen erhöhtem Prädationsrisiko durch Kunstlicht
Fische:
- Einfluss auf den Melatoninspiegel: Bereits geringe Kunstlichteinwirkung von 0,01 lux senkt den Melatoninspiegel der Fische, was ihre Anfälligkeit für Krankheiten erhöht. Lichtglocken von Städten reichen bereits für die Melatoninreduktion aus
- Künstliches Licht, wie es durch Städte und Straßenlaternen entsteht, stört die innere Uhr der Fische und beeinträchtigt ihren Schlaf und ihre Erholung.
- Störung der Geschlechtsreife: In gemäßigten Klimazonen wird die Entwicklung der Keimdrüsen durch die abnehmende Tageslänge im Herbst ausgelöst. Künstliches Licht kann dieses Signal stören und die Fortpflanzung beeinträchtigen.
- Erhöhtes Prädationsrisiko: Künstliches Licht stört die nächtliche Nahrungssuche und Wanderungen der Fische und erhöht so das Risiko, von Fressfeinden gejagt zu werden.
- Veränderung des Verhaltens: Fische, die in lichtverschmutzten Gebieten leben, zeigen verändertes Verhalten, was ihre Fortpflanzung und ihr Überleben gefährden kann.
- Auswirkungen auf das Ökosystem: Künstliches Licht beeinflusst nicht nur Fische, sondern auch andere Wasserbewohner, indem es ihre natürlichen Aktivitäten wie Nahrungssuche und Fortpflanzung stört.
- Schutzmaßnahmen: Die Reduzierung von Kunstlicht, besonders in Gewässernähe, sowie die richtige Ausrichtung von Lampen können helfen, die natürlichen Rhythmen der Tiere zu bewahren und ihren Schlaf sowie ihre Erholung zu schützen.
Fledermäuse:
- alle Fledermausarten sind von Lichtimmissionen betroffen; allerdings in unterschiedlichen Ausprägungen abhängig von der Art
- teilweise Beleuchtung von Jagdgebieten und Transferflugrouten führt zu einem potenziellen Konflikt zwischen nächtlichem Kunstlicht und dem Fledermausschutz. Künstliche Beleuchtung könnte dazu führen,
dass eine Fledermaus Ausflugöffnungen aus einem Quartier auf der beleuchteten Seite der Kirche nicht mehr nutzen würde, es könnte zu Beeinträchtigungen bei der Nutzung von Flugrouten und Jagdgebieten
kommen, wie Baumreihen und Uferlinien sowie bei Gewässern
- schon geringe Lichtstärken, vergleichbar mit einer Vollmondnacht, können die Flugaktivität von Fledermäusen beeinflussen
- Lichtscheues Verhalten ist bei vielen Fledermäusen offensichtlich. Einige Arten passen ihre Aktivität dem
Mondzyklus an.
- künstliches Licht bei Nacht beeinträchtigt potenziell das Sehvermögen und das Verhalten von Fledermäusen
- viele Faktoren spielen eine Rolle: Reaktion von Fledermäusen auf nächtliches Kunstlicht abhängig vom jeweiligen Ort & Motivation der Fledermäuse im jeweiligen Habitat (d.h. der Qualität und
Bedeutung des jeweiligen Lebensraums für die Fledermäuse)
- natürliches oder künstliches Licht kann sowohl das Vorkommen von Insekten als auch das Auftreten von Konkurrenten & Fressfeinden beeinflussen (& diese Faktoren wiederum beeinflussen das Vorkommen von Fledermäusen)
- zahlreiche Studien haben negative Auswirkungen der Beleuchtung auf den Bestand von Fledermausquartieren, Ausflugzeit der Fledermäuse aus dem Quartier, ihr Verhalten, Jagdaktivität & die Wachstumsraten von Jungtieren festgestellt
- Beleuchtung an und in Gebäuden führt zum Verschwinden von Fledermausquartieren
- weitere Auswirkungen und Informationen unter diesem Link
- Bäume (und andere Pflanzen) sind wichtige Lebensräume und Rückzugsorte für Wildtiere (Ruhe- und Schlafplatz für Vögel u. Eichhörnchen)
- durch Beleuchtung wird herbstlicher Laubabwurf verzögert, sodass der anschließende "Winterschlaf" zu spät kommt und der Baum sich nicht mehr rechtzeitig gegen Kälte und Frost schützen kann
- Vergrößerung der Blattoberfläche im Sommer, sodass anteilig mehr Luftverschmutzung und Verdunstung dem Baum auch im Sommer schaden kann
- Untersuchungen des "grünen Schlafs" von Pflanzen haben ergeben: Bäume sinken nachts bei Dunkelheit komplett zusammen (bis ca. 10 cm Unterschied), ihr "Schlaf" wird durch Kunstlicht gestört
Über diesen Link gelangen Sie zu allen Auswirkungen und wissenschaftlichen Quellen
Dass das Thema „Lichtverschmutzung“ kein Neues ist, zeigt die sehr informative NABU-Broschüre „Überbelichtet“ aus dem Jahr 1994 (!) in Bezug auf Insekten sehr deutlich auf:
Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz im NABU - Downloads (ilnbuehl.de)
Bezüglich des Sicherheitsempfindens lässt sich Folgendes feststellen: Heller ist nicht gleich sicherer. Es gibt keinen eindeutigen und belegbaren Zusammenhang zwischen Kunstlicht und Sicherheit.
Oftmals vorschnell werden Sicherheitsgründe für den Einsatz von mehr Licht angegeben. Doch es gibt keine belastbaren Studien, die einen objektiven Zusammenhang zwischen mehr Beleuchtung und mehr Sicherheit herstellen. Viele Kommunen wie Tann und Ebersburg in der Rhön und große Städte wie Gütersloh sowie flächendeckend in Frankreich, die nachts die Straßenbeleuchtung abschalten, verzeichnen keinen Anstieg der Kriminalität. Die individuelle Kriminalitätsfurcht Einzelner führt zu hohen gesellschaftlichen Kosten (z.B. ganznächtliche Straßenbeleuchtung).
Siehe hierzu:
Aussagen über die Nachtabschaltung der Straßenbeleuchtung - Faktencheck am Beispiel Tann (Rhön)
Nachtabschaltung der Straßenbeleuchtung - Vorteile und Tipps gegen Unbehagen
Entgegen weit verbreiteter Meinung besteht in Deutschland für öffentliche Straßen keine allgemeine Beleuchtungspflicht durch ein Bundesgesetz. Da die Dunkelheit der Nacht ein natürlicher Zustand ist, gilt auch hier, dass sich grundsätzlich alle Verkehrsteilnehmer/innen eigenverantwortlich an die gegebenen Verhältnisse wie Glätte und Dunkelheit anpassen und sich rücksichtsvoll gegenüber anderen verhalten müssen. Hier gelangen Sie zu den rechtlichen Fragestellungen bzgl. öffentlicher Beleuchtung.
An Arbeitsstätten kann bei nächtlicher Produktion eine Beleuchtungspflicht im Außenbereich bestehen. Arbeitsstätten müssen jedoch nur dann beleuchtet sein, wenn sie von den Beschäftigten tatsächlich benutzt werden. In allen anderen Fällen gilt auch hier die Vermeidungspflicht.
Rechtsgrundlagen:
Licht, welches auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkt, ist eine Immission nach § 3 Abs. 2 BImSchG. Für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen bestimmt § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, dass diese so zu errichten sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. § 22 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG verlangt, dass nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden.
§ 3 HeNatG – Schutz von Insekten und anderen wirbellosen Tierarten
Über § 1 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 5 des Bundesnaturschutzgesetzes hinaus sind Insekten und andere wirbellose Tierarten in besonderer Weise zu schützen und ihre Lebensräume zu bewahren…
§ 4 HeNatG – Schutz von Lebewesen vor Beleuchtung
Über § 1 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 5 des Bundesnaturschutzgesetzes hinaus sollen Lichtemissionen grundsätzlich vermieden werden, um den ungestörten Wechsel von Aktivitäts- und Ruhephasen tag- und nachtaktiver Arten zu unterstützen.
§ 35 HeNatG – Schutz von lichtempfindlichen Tier- und Pflanzenarten sowie Insekten
(1) Zum Schutz nachtaktiver Tierarten, insbesondere von Insekten, soll jede Form der vermeidbaren Beleuchtung durch künstliches Licht vermieden werden. Als vermeidbar gilt dabei in der Regel jede Beleuchtung, die
1. im Außenbereich nach § 35 des Baugesetzbuches liegt und für die kein erkennbarer Beleuchtungszweck vorhanden ist bzw. die Beleuchtung deutlich über das erforderliche Maß hinausgeht oder
2. das Licht auf Grund des Zwecks oder der Beschaffenheit der Lichtanlage außerhalb der Bereiche, für die es bestimmt ist, lenkt, insbesondere, wenn es im montierten Zustand über die Nutzfläche und die Höhe des Horizonts strahlt und dadurch eine Fernwirkung und Aufhellung der direkten Umgebung verursacht.
(2) Zum Schutz nachtaktiver Tierarten, insbesondere von Insekten, sind Beleuchtungsanlagen an öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen im Fall einer grundlegenden Erneuerung so zu gestalten, dass durch die spektrale Zusammensetzung des Lichts (Wahl der Lichtfarbe) eine möglichst geringe Anlockwirkung entfaltet wird, soweit die Anforderungen an die Verkehrssicherheit eingehalten sind, Gründe der öffentlichen Sicherheit nicht entgegenstehen oder durch oder aufgrund von Rechtsvorschriften nichts anderes vorgeschrieben ist.
(3) Himmelsstrahler und Einrichtungen mit ähnlicher Wirkung sind unzulässig.
(4) Im Außenbereich nach § 35 des Baugesetzbuchs sind beleuchtete oder lichtemittierende Werbeanlagen und Wegweiser in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr abzuschalten.
(5) In der Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr ist es verboten, die Fassaden baulicher Anlagen der öffentlichen Hand zu beleuchten, soweit die Beleuchtung nicht aus Gründen der öffentlichen Sicherheit erforderlich oder durch oder aufgrund einer Rechtsvorschrift vorgeschrieben ist oder es sich um kirchliche Bauten oder bauliche Anlagen, die im Denkmalverzeichnis als Kulturdenkmal erfasst sind, handelt.
Die am 18.12.24 beschlossene Nationale Biodiversitätsstrategie 2030 (NBS 2030) sieht eine drastische Reduzierung des nächtlichen Kunstlichteinsatzes vor, wonach die Zunahme der künstlichen Beleuchtung bis 2030 und der Verlust biologischer Vielfalt durch künstliche Beleuchtung auf ein Minimum reduziert wird und der Anteil der Landesfläche gesteigert wird, welcher für natürlich dunkle Nachtlandschaften gesichert wird.
In der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Wiederherstellung der Natur vom 24.06.24 wird von den Mitgliedstaaten die Reduktion der Lichtverschmutzung in sämtlichen Ökosystemen gefordert.
Hier geht es zur Novelle des Hessischen Naturschutzgesetzes
1. Künstliches Licht nur da einsetzen, wo es begründet notwendig ist.
(z.B. zur Sicherung eines Arbeitsplatzes oder zur Vorbeugung vor Gefahren, z.B. an Treppen)
2. Es sollte nur die mindestens die für den Bedarf notwendige Lichtmenge eingesetzt werden. 100-500 Lumen reichen aus = Überbeleuchtung vermeiden.
3. Künstliches Licht darf nur dann eingeschaltet sein, wenn es benötigt wird.
Außerhalb der Nutzungszeit soll es abgeschaltet oder um mindestens 70 % gedimmt werden. Die Leuchtdauer sollte z.B. durch Schalter, Zeitschaltuhren u. Bewegungsmelder auf die Nutzungszeit begrenzt werden.
4. Künstliches Licht darf nur dorthin strahlen, wo es benötigt wird.
Zur Vermeidung ungerichteter Abstrahlung sind daher voll abgeschirmte Leuchten einzusetzen, die nur unterhalb der Horizontalen abstrahlen (0 % Upward Light Ratio (ULR)). Auf Beleuchtungseinrichtungen, welche nach oben bzw. in den Himmel abstrahlen wie aufgeneigte Leuchten, Bodenstrahler, Skybeamer, Kugelleuchten oder nicht abgeschirmte Röhren ist grundsätzlich zur verzichten. Dadurch wird Blendung effektiv reduziert, der Grad der Beleuchtungswirkung verbessert.
5. Es sind nur Leuchtmittel mit geringem Ultraviolett (UV)- und Blauanteilen zu verwenden.
Daher soll nur bernsteinfarbenes bis warmweißes Licht mit Farbtemperaturen 1800 bis 2700 Kelvin eingesetzt werden. Amber-LED mit bernsteinfarbenem Licht (auch als Gold oder Orange vermarktet) verwenden.
6. Die Lichtpunkthöhen sind möglichst niedrig zu halten. So wird nicht über die Nutzfläche hinaus beleuchtet.
Exkurs: Warum Insekten ums Licht kreisen
- Warum Insekten von Licht angezogen werden
Viele Menschen haben sich schon gefragt, warum Insekten wie Mücken und Motten scheinbar „magisch“ von Lichtquellen angezogen werden. Es gibt zahlreiche Hypothesen, wie etwa die Idee, dass Insekten das Licht mit dem Mond verwechseln oder dass sie durch die Wärme von Lampen angelockt werden. Doch eine aktuelle Untersuchung hat diese Theorien in Frage gestellt. Mit moderner Technik, wie Hochgeschwindigkeitskameras und Motion-Capture-Sensoren, konnten Forscher nun das Flugverhalten der Insekten aufzeichnen und zu neuen Schlussfolgerungen kommen.
- Der Lichtrückenreflex
Die Forscher entdeckten, dass Insekten nicht aktiv zum Licht fliegen, sondern von einem Reflex namens „Lichtrückenreflex“ beeinflusst werden. Normalerweise orientieren sich Insekten bei Nacht an der hellsten Stelle des Himmels – dem Mond –, um ihre Fluglage zu kontrollieren. Wenn jedoch eine künstliche Lichtquelle wie eine Lampe in der Umgebung erscheint, wird diese zur hellsten Stelle für die Insekten. Der Reflex sorgt dafür, dass sich der Rücken der Insekten immer in Richtung des Lichts ausrichtet. Dies führt dazu, dass sie um das Licht kreisen, da sie instinktiv die Fluglage stabilisieren, aber sich dadurch nicht mehr vom Licht entfernen können.
- Keine Anziehung durch das Licht
Entgegen der gängigen Annahme, dass Insekten vom Licht angezogen werden, zeigen die Forschungsergebnisse, dass das Licht keine besondere Anziehungskraft ausübt. Die Insekten fliegen zufällig in den Lichtbereich und bleiben dort aufgrund des Lichtrückenreflexes gefangen. Die vermuteten Mechanismen, wie etwa die Wärmeabgabe von Lampen oder die Verwechslung des Lichts mit dem Mond, konnten in den experimentellen Daten nicht bestätigt werden. Auch andere vorgeschlagene Theorien, dass das Licht die Insekten desorientiere oder als Fluchtweg wahrgenommen wird, konnten nicht nachgewiesen werden.
- Das Problem der Lichtverschmutzung
Das Verhalten der Insekten hat jedoch problematische Auswirkungen auf die Umwelt. Die ständige Ablenkung durch künstliches Licht führt zu einer hohen Sterblichkeit bei vielen Insektenarten. Insekten, die um Lichtquellen kreisen, sind anfällig für Raubtiere und können in ihrer natürlichen Lebensweise stark gestört werden. Insbesondere für nachtaktive Insektenarten, die auf Dunkelheit angewiesen sind, bedeutet die Lichtverschmutzung eine Bedrohung. Viele Insektenarten, die für Bestäubung und Nahrungsnetz wichtig sind, werden in ihrem Fortpflanzungs- und Überlebensverhalten beeinträchtigt. Das Kreisen um Lampen führt bei vielen Insekten zu Erschöpfung und oft zum Tod, was auch die ökologischen Funktionen stört, die sie in ihrem Lebensraum erfüllen.
- Untersuchung und neue Erkenntnisse
In einer kontrollierten Laborumgebung und durch die Beobachtung von Insekten in freier Wildbahn konnte das Forscherteam mit ihrer neuen Kameratechnologie hochpräzise Flugmanöver aufzeichnen. Dabei wurde der Lichtrückenreflex bei verschiedenen Insektenarten dokumentiert, darunter auch solche, die normalerweise nicht nachtaktiv sind. Besonders bemerkenswert war, dass selbst Tagfalter und Libellen, die normalerweise nicht zu den nachtaktiven Insekten zählen, sich unter dem Einfluss der künstlichen Lichtquelle in ähnlicher Weise verhielten.
- Bedeutung des Reflexes für Insekten
Der Lichtrückenreflex hilft den Insekten, ihre Orientierung in der Luft zu behalten, besonders bei harten Querbeschleunigungen oder Windböen. In natürlichen Umgebungen, wie am Waldrand oder bei Sonnenuntergang, wird dieser Reflex jedoch auch angewendet, wenn die hellste Stelle nicht direkt über ihnen ist. Dies deutet darauf hin, dass der Reflex eine wichtige Orientierungshilfe ist, die die Insekten verwenden, um ihre Fluglage zu stabilisieren. Trotzdem bleibt unklar, warum sie auch dann weiterhin ihren Rücken auf das Licht ausrichten, wenn die Umgebung sie normalerweise nicht auf diese Weise beeinflusst.